2. Vorwort des Autors

«Die Geschichte ist die Lehrmeisterin der Völker». Das gilt als anerkannte Wahrheit.

Wenn ich an der Weltgeschichte keinen anderen Anteil habe als jeder strebsame Kultur- und Zeitgenosse, so gibt es doch einige interessante Ereignisse der jüngst vergangenen Zeitepoche, an denen ich, zumal im Vaterlande, persönlich grossen Anteil hatte. Dieselben nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und als Biograph besonders der Jugend ins Gedächtnis zurückzurufen, dürfte für dieselbe ebenfalls eine Lehre sein. So bin ich dazu gekommen, Geschichte zu schreiben, aber nur Lebensgeschichte.

Wenn diese meinen Freunden eine Erinnerung sein darf und der Jugend eine Belehrung bieten kann, so ist der Zweck meiner Selbstbiographie erreicht.

In unserer Zeit hört man so oft den Ausspruch, es sei mit der Arbeit unmöglich, das Glück zu gewinnen wie ehemals, und nun soll meine Lebensgeschichte deshalb kurz und gut dartun, dass mit eisernem Fleiss und mit zeitgemässer Einsicht und mit stetem Vorwärtsstreben immer noch Lebenszwecke erreicht werden können, welche über das gewöhnliche Leben und das tägliches Streben hinausgehen.

Es heisst im Leben auch Beispiele geben; deshalb möchte ich der Jugend einige Beispiele vor Augen halten, an denen sie sehen kann, dass Tun und Arbeiten nicht nur in der alten Zeit Geltung hatte, um Vieles zu erreichen, wenn man gut gelernt hat, sondern dass der Satz auch heute noch die Grundlage für hohe und ernste Lebensaufgaben ist.

Auch für mich sind diese biographischen Skizzen eine Auffrischung meiner Jugenderinnerungen und meines Mannesstrebens. Vielleicht werden sie mir ein freundliches Andenken zu erhalten helfen in den Kreisen, in welchen ich gelebt und gewirkt habe.

Mein Wirken war oft öffentlichem Interesse gewidmet und mit öffentlichen Schöpfungen verbunden, deshalb dürften diese Blätter auch in weiteren Kreisen einige Beachtung erringen können. Meine Freunde aber werden mich nicht der Unbescheidenheit zeihen, wenn ich sie um ihre Geisterbegleitung auf meinem Lebensgang ersuche, an welchem sie einst in vieler Hinsicht Interesse genommen haben.

Für meine Verwandten dürfte diese Skizze meines Lebens nur ein Wegweiser bleiben und ein Denkstein sein, dass stetes Ringen Grosses zu erreichen im Stande ist, auch wenn man nicht am Webstuhl der Geschichte steht.

Dies waren ungefähr die Grundgedanken, die mich bewogen haben, in meinem hohen Alter mich an den Schreibtisch zu setzen und meine Selbstbiographie - ich hoffe kurz - zu skizzieren.
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