14. Kapitel 12

Wir wohnten damals noch in St. Gallen. Von Genf dahin zurückgekehrt, löste ich noch verschiedene, geschäftliche Aufgaben und begab mich dann wieder nach Ragaz.
Hier suchte ich vor allem, und bis heute, Vergrösserungen und Verbesserungen in den Kuranstalten Ragaz-Pfäffers durchzuführen. Bei dieser Gelegenheit fand auch die Arrondierung der Domäne Autofort [?] statt. Der heutige Bestand zeigt, dass auch da weder an Zeit noch an Geldaufwand gespart worden ist und an diesbezüglichen Opfern ganz beträchtliche Summen aufgeführt werden können.
Eine sehr schwierige Aufgabe war und wird immer sein die Badstrasse mit den unaufhörlichen Bergrutschen und Felsstürzen, durch welche die Thermalwasserleitung sehr zu leiden hatte. Eine nicht weniger schwere Aufgabe ist der Unterhalt des Bad Pfäffers und des Quellenwegs. Die vorkommenden Bergstürze beim Badgebäude und in der Quellenschlucht verursachten oft sehr grosse und kostspielige Zerstörungen und grosse Ausgaben. Dabei ist die Gefahr für Menschenleben nicht ausgeschlossen. Dass bis heute unter den 20.000 bis 30.000 Quellenbesuchern per Jahr kein Unglück vorgekommen ist, verdanken wir einem gütigen Geschick. Was und wie anders machen? Bei diesen wilden Naturgewalten und im Sturm der Elemente ist es unmöglich, den Verkehr sicher zu gestalten, sicherer als er schon ist. Die moralischen Verantwortlichkeiten machten mir stets Sorge und quälten mich besonders, weil ich bei den Behörden nicht den geforderten Schutz fand gegen schmähliche Verleumdungen und Eifersucht von gewissen Wahnsinnigen. Auch dem Neid von oben und unten begegnete ich, und ich fragte mich, wie geurteilt worden wäre, wenn ich mit meinem gewagten Unternehmen schlechte Geschäfte gemacht hätte und etwa stellenlos geworden wäre. Den Besitz kann ja niemand garantieren.
Eine gute Gesundheit, eine rastlose Tätigkeit von morgens früh bis abends spät haben diese Gefahr überwunden; aber der Erfolg musste erarbeitet und mit Opfern erkauft werden, die riskant waren.
So haben gewisse Erfahrungen und Erscheinungen dazu beigetragen, mein Leben in Ragaz leidend zu gestalten, und obwohl ich die letzten Jahre während des Winters im Süden eine kurze Erholung fand, kehrten in Ragaz dieselben Erschienungen, veranlasst durch Ärger und Widerwärtigkeiten, in meinem Zustand zurück, und ich musste wieder in den Süden und in Musse mich schonen.
Müde geworden von gewissen Äusserlichkeiten und von meiner langen und vielseitigen Wirksamkeit, entschloss ich mich 1890 bei Anwesenheit meines Sohnes Bernhard aus Amerika (New York) zum Rücktritt und zur Überlassung der Etablissements an meine drei Söhne, sowohl desjenigen in Ragaz, als auch jener in Pfäffers und Vilers. Am 1. Januar 1892 übergab ich ihnen dieselben.
Schliesslich glaube ich den Beweis erbracht zu haben, dass ich den Erwerb der Domäne Ragaz-Pfäffers nie gesucht habe, sondern von der damaligen Regierung aufgefordert worden bin, den im Staatsinteresse vorgesehenen Verkauf möglich zu machen. Der Kauf brachte mir grosse Sorgen, Lasten und Pflichten; aber ich habe mein Versprechen treu eingehalten, das ich der Regierung seinerzeit gegeben hatte: Wenn ich gesund und am Leben bleibe, meine Verpflichtungen gegenüber dem Staat St. Gallen loyal zu erfüllen. In meinen redlichen Bestrebungen hatte ich, mit Gottes Schutz, die Genugtuung, immer meine Arbeit als Mensch erfüllt zu haben. In einem sorgenfreien Lebensabend blicke ich auf ein vollbrachtes Lebenswerk zurück.
Vielen meiner Freunde meinten, ich ertrüge kein inaktives Leben; aber ich wusste stets und weiss auch heute die hohen Gesetze des menschlichen Organismus zu beachten und mich nach denselben zu richten, und so bin ich mit meinen schönen Erinnerungen vergnügt und zufrieden und wünsche Ihnen dasselbe.
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